Freitag, 30. November 2012

Drama, baby...

Kennt Ihr das? Wenn soviel passiert bzw. es soviel zu erzählen gibt, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll und deshalb einfach gar nichts sagt? So ging es mir in den letzten Tagen, aber nach einer längeren Schweigepause habe ich mich nun doch aufgerafft und zum Glück meinen Laptop zwischen gefühlten 8000 Umzugskartons wiederentdeckt - und hier sitze ich nun.
Als erstes kann ich berichten, dass nach einem knappen halben Jahr Lenas tägliche intravenöse Antimykotika-Therapie endlich beendet ist. Am Montag wurde ihr Fall auf der monatlichen Tumorkonferenz abermals intensiv diskutiert und am Dienstag hatten wir ein längeres Gespräch mit Professor Schwabe, der damals auch die Diagnose gestellt hat. Es war irgendwie ein bisschen gruselig, fast wie ein Deja-Vu, plötzlich wieder im gleichen Zimmer zu sitzen, zufälligerweise auch wie schon beim ersten Mal an einem Dienstag, und darauf zu warten, welche Worte wohl diesmal dem Professorenmund entfleuchen würden. 
Glücklicherweise können wir uns aktuell aber nicht beschweren. Die tägliche 800-Euro-Caspofungin-Ration gehört  - hoffentlich für alle Zeiten - der Vergangenheit an. Aus diesem Grund kann ihr nun auch endlich der Hickmann-Katheter entfernt werden. Die Operation ist für den 17.12. geplant, was auf den Tag genau zehn Monate nach der OP ist, bei dem ihr der Katheter eingepflanzt wurde. In der kommenden Woche erhält sie wieder ihren monatlichen Chemoblock, der aber üblicherweise ambulant durchgeführt wird. Sobald sie keinen "Hicki" mehr hat, wird sie die Chemotherapie entweder per Braunüle oder Spritze bekommen. Außerdem stehen für die nächsten 12 Monate weiterhin die täglichen Chemotabletten auf dem Medikationsplan, die tägliche orale Pilztherapie sowie diverse Antibiotika, die sie ebenfalls jeden Tag einwerfen muss. Damit uns nicht langweilig wird, fahren wir bis September nächsten Jahres ein- bis zweimal wöchentlich zur Blutbildkontrolle in die Klinik, denn Lenas Werte lassen leider weiter eher zu wünschen übrig. Sie reagiert auch auf die minimalsten Chemodosen extrem empfindlich, aber ich interpretiere das ganz optimistisch als Zeichen dafür, dass der Scheiß (sorry...) offensichtlich sehr wirksam ist und die Leukämie in den nächsten Jahren in Schach halten wird. Wenn sie fünf Jahre ohne Rezidiv schafft, gilt sie als geheilt. Bis dahin wird sich unser Leben vorwiegend zwischen Hoffen und Bangen bewegen, aber mit jedem Tag, der ohne schlechte Nachrichten vergeht, schlägt das Pendel zugunsten der Hoffnung aus. Wir schmeißen alles in die Waagschale, was geht - Lena hat sich am Dienstag zu dem sehr symbolischen Akt hinreißen lassen, unsere letzte verbleibende Caspofungin-Flasche mit ganzer Kraft zu zerstören und so soll es weitergehen. 
Anbei das "Caspo-Drama" in drei Akten:

 
Exposition


Höhe-/Wendepunkt, Peripetie  


  
Katastrophe
Tragisches Ende des Dramas aus Sicht der Flasche

Zeitlich gesehen passt das Ende der täglichen Infusionen natürlich sehr gut zu einer weiteren, wenn auch beiweitem nicht so dramatischen Herausforderung meines bzw. unseres Lebens, dem Umzug. 
Manchmal denke ich, dass ich mich bei der ganzen Sache doch etwas weit aus dem Fenster gelehnt habe, aber nun gibt es kein Zurück mehr - am 12. Dezember steht der Umzugswagen bzw. vermutlich eine ganze Kolonne von LKWs vor der Tür und bis dahin muss alles hübsch in Kisten verpackt sein. Bei zwei Erwachsenen, drei Kindern und einem Hund kommt da schon ganz schön was zusammen. Normalerweise habe ich ja eine blühende Phantasie, aber hier lässt mich mein Vorstellungsvermögen, wie ich das alles so hinbekommen soll, doch etwas im Stich. Heute Abend muss die Packerei auf jeden Fall ruhen, denn dann muss das Mütterchen noch schnell drei selbstgebastelte Adventskalender füllen und von den Kindern unbemerkt in den jeweiligen Zimmern anbringen. Zwischen all den Kartons die nötige Vorweihnachtsstimmung zu erzeugen, ist gar nicht so einfach. Vielleicht wickele ich einfach Lichterketten um all die Papptürme, die überall im Haus rumstehen.

Obwohl dieser Blog ja kein Buch ist, möchte ich heute trotzdem an den Schluss eine kleine Danksagung setzen: 
Ich danke meinen beiden Freundinnen Sandra und Sarah, die mich letzte Woche mit einem mehr als köstlichen Dinner überrascht haben, was sie mir bei uns zuhause in der Küche zubereitet haben. Es gab Blumen und meinen Lieblingswein und ich war wirklich zu Tränen gerührt... Außerdem bedanke ich mich bei Martina und Caspar, die mir aus Hannover persönlich eine Suppe vorbeigebracht haben und freue mich über die vielen lieben Angebote, mich zu bekochen und zu umsorgen. Auch wenn ich sie noch nicht in Anspruch genommen habe, ist Aufatmen nicht angesagt, liebe Freunde - ich werde darauf zurückkommen... :-)
Insgesamt stelle ich fest, dass sich das Jammern hierzulande doch lohnt. Es ist zwar nicht sehr sexy, aber das Ergebnis stimmt - und das ist schließlich die Hauptsache!
In diesem Sinne,
ein schönes Wochenende und einen schönen ersten Advent!

Mittwoch, 21. November 2012

Yo, Yoga...

Mein Wunsch, nicht nur ein besserer, sondern auch strafferer Mensch zu werden, steht leider in krassem Gegensatz zu meinem aktuellen Ess- und Trinkverhalten. So habe ich nach meiner heutigen Yogastunde erst einmal mein niegelnagelneues "Ultimative Cupcake Set" von der Post abgeholt und auf meinem iPad das Internet nach ebenso ultimativen Cupcake-Rezepten durchforstet, während ich mir eine doppelte Portion Kartoffelauflauf genehmigt habe. Die trifft nun in meinem Magen auf die vermutlich noch nicht ganz verdaute Mahlzeit von gestern Abend (22.00 Uhr, sehr gesund...), die neben einer Flasche Wein aus einem Rinderfilet mit Pfeffersauce und Pommes bestand. Heute morgen habe ich zwei Käsebrote und ein Ei draufgeworfen und warte nun darauf, dass es endlich Zeit wird für das Abendessen. Und mindestens ein Glas Wein. Liegt's an meinem verfluchten ELLE-Genusshoroskop, von wegen Nähren und so? Oder mangelt es mir schlicht und einfach an Disziplin?
Essen hat schon immer eine nicht zu unterschätzende Rolle in meinem Leben gespielt, aber so langsam sieht es nach einer Hauptrolle aus und das ist nicht gut. Zuviel Klischee... Viel besser als die ständige Esserei tut mir ohne Zweifel das Yoga. Mittlerweile ist es schon gut drei Monate her, dass ich auf den herabschauenden Hund gekommen bin und ich bin wirklich sehr glücklich darüber. Trotzdem muss ich mich jedes Mal sehr zusammenreißen, um nicht noch kurz vorher in der allerletzten Sekunde abzusagen, weil es außer Malou und dem herabschauenden Exemplar noch einen dritten Hund in meinem Leben gibt, den zu Recht viel gescholtenen inneren Schweinehund. Ohne dieses Vieh hätte ich längst die ersten Umzugskartons gepackt, drei Kilo weniger auf der Waage und überhaupt ganz viele Probleme nicht. Gerne bemühe ich ja alle möglichen Ausreden, warum ich nicht jeden Morgen einfach eine Stunde früher aufstehe und zum Beispiel joggen gehe. Wenn nicht das Krankenhaus wäre... Wenn ich nicht noch eine Grundsatzdiskussion mit meiner Putzfrau führen müsste... Wenn nicht all die Emails wären, die ich noch lesen muss... Wenn, wenn, wenn... Mein Mann kriegt das mit dem Laufen komischerweise immer auf die Reihe, obwohl er auch nicht gerade Zeit im Übermaß hat. Und nicht nur er - jedes Mal, wenn ich aus dem Fenster schaue, joggt gerade irgendjemand an unserem Haus vorbei. Die Jogger sehe ich sogar spät abends, wenn ich noch eine letzte Gassirunde mit Malou drehe - mein persönliches sportliches Highlight an den meisten Tagen. 
Dabei tut Bewegung so gut. Ich liebe es, wie ich mich nach dem Yoga fühle, manchmal sogar währenddessen. Ich bin voll konzentriert, nur auf mich und meinen Körper und darauf, nicht tödlich zu verunglücken, was bei manchen Asanas durchaus passieren könnte. Nichts lenkt mich ab, auch kein Gedanke an die Krankheit, was eine ungeheuerliche Erholung und Entspannung bedeutet, wenn auch nur für eine Stunde. Aber 60 Minuten sind tausendmal besser als nichts. Direkt nach der Stunde nehme ich mir immer vor, zukünftig auch alleine zumindest jeden zweiten Tag ein paar Übungen zu machen und eines Tages meine geliebte Yogalehrerin Elena mit der "Krähe" zu überraschen. Aber bisher ist es immer bei dem Vorsatz geblieben und das ärgert mich. 
Darum schließe ich jetzt einfach hier und an dieser Stelle eine öffentliche Wette mit mir selbst ab. Ich wette, dass ich es schaffe, bis spätestens Ende Januar eine passable Krähe hinzubekommen, so wahr mir Gott helfe. Und sobald ich sie solange halten kann, dass Lena dabei ihre Kamera zücken und abdrücken kann, ohne dass ich in der Zwischenzeit umfalle, werde ich das hier in Form eines Fotos dokumentieren.

Es ist zwar eher unwahrscheinlich, dass das bei mir irgendwann mal so aussehen wird, aber man wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben - also "Tschüß, Schweinehund" und "Hallo, Krähe"...

Wer Lust hat, kann mich gerne zu meinen Fortschritten befragen bzw. mich regelmäßig an mein Gelübde erinnern, damit selbiges nicht bereits heute Abend vor dem Fernseher schon wieder in Vergessenheit gerät. 

In diesem Sinne,
Namaste!

Montag, 19. November 2012

Great Expectations

Mit Erwartungen ist es ja so eine Sache - schon im normalen Leben. Wenn man sich aber mit Vollgas einem physischen und psychischen Zusammenbruch nähert, macht das die Sache noch um einiges komplizierter.
Zum Beispiel würde ich mich wirklich sehr darüber freuen, wenn sich irgendwann auch mal wieder jemand um mich kümmern könnte, mir ein Glas Rotwein einschenken und ein Butterbrot schmieren oder eine Suppe kochen würde, aber offensichtlich habe ich in den letzten neun Monaten endgültig verlernt, meine Wünsche und Erwartungen in die passenden Worte zu kleiden, damit sie erhört und im besten Falle auch hin und wieder erfüllt werden. Schon vor Lenas Erkrankung war ich diesbezüglich kein großer Meister und habe heimlich die Hoffnung gehegt, dass meine Lieben doch bitte meine Gedanken lesen mögen, um mir all meine Herzenswünsche zu erfüllen. Ich muss vermutlich nicht betonen, dass das nur sehr selten bzw. so gut wie nie funktioniert hat. Nun aber scheint meine gedankliche Schrift unleserlicher denn je zu sein.

Das letzte Dreivierteljahr hat mir doch einiges abverlangt - das kann ich sagen, ohne dabei sonderlich zu übertreiben. Dass man als Mutter in einer solchen Situation über Wochen und Monate hinweg mehr oder weniger perfekt funktioniert, versteht sich von selbst. Und auch wenn man manchmal heimlich denkt, dass man wirklich nicht mehr kann, sagt man das natürlich nicht, sondern macht einfach weiter. In dieser Hinsicht unterscheide ich mich nicht im Geringsten von all den anderen Müttern (und teilweise auch Vätern), die ich in den langen Monaten unseres Klinikaufenthaltes kennengelernt habe. Natürlich bin ich mehr als urlaubsreif, aber selbstverständlich fahre ich NICHT in Urlaub, wie denn auch? Erstens ist es zeitlich nicht drin und zweitens könnte ich einen Urlaub auch gar nicht genießen. Mich würde von morgens bis abends das schlechte Gewissen plagen, das sich ja schon meldet, wenn ich nur beim Friseur sitze und mein ELLE-Genuss-Horoskop lese... Wie kann ich in Urlaub fahren, wenn mein Kind zuhause bleiben muss, weil es Krebs hat? Undenkbar! Also nöle ich hin und wieder mal rum, dass ich dringend eine Pause brauche, aber ansonsten funktioniert das Mütterchen wie eine gut geölte Nähmaschine und rattert mal mehr und mal weniger gestresst zuverlässig vor sich hin. Zum Glück geht es Lena im Moment so gut, dass ich nicht jeden Abend mit dem Gedanken einschlafe, dass dies vielleicht auf unabsehbare Zeit die letzte Nacht sein könnte, die wir zuhause verbringen, weil wir wegen Komplikationen wieder in die Klinik einrücken müssen. Das ist schön und lässt mir Zeit, mich um meine beiden anderen Kinder zu kümmern, die sich aktuell von einer Mittelohrentzündung zur nächsten schleppen. 

Mal ganz ehrlich? Ich habe keine Lust mehr! Ich bin erledigt! Fertig! Perdue! Done! Aber kann ich das in vernünftige Worte packen und sagen, dass ich auf dem letzten Loch pfeife und meine Kräfte aufgebraucht sind? Nein, das kann ich nicht. Schließlich ist es nämlich auch ganz schön, plötzlich als Fels in der Brandung wahrgenommen zu werden, als perfekte Mutter, die sich unermüdlich um ihr krankes Kind kümmert und nebenbei noch zwei andere Kinder plus Hund plus Umzug plus Weihnachten wuppt. Jammern passt da nicht und kratzt am Lack. Also behalte ich das Gefühl der Überforderung weitestgehend für mich und warte klammheimlich darauf, dass das mit dem Gedankenlesen vielleicht doch eines Tages klappt. So viel gibt es ja auch gar nicht zu lesen. Vielleicht mal das oben erwähnte Süppchen oder ein simples Dankeschön. Ein Frühstückstisch, der nicht noch abends um 18.30 Uhr darauf wartet, abgeräumt zu werden. Aber vielleicht ist meine gedankliche Schrift wie schon oben erwähnt einfach nicht leserlich genug oder in einer Sprache verfasst, die außer mir keiner versteht. In dem Fall kann ich dann bis zum Sankt Nimmerleinstag auf die Erfüllung meiner Wünsche warten, was aber wirklich sehr bedauerlich wäre. 

Damit das nicht passiert, schreibe ich es deshalb nun an dieser Stelle schwarz auf weiß auf - und zwar an jemanden, der für solche Wünsche zuständig ist:



Lieber Weihnachtsmann,

hier mein Wunschzettel für 2013 (und gerne auch noch für die letzten Wochen in 2012):
  1. Ein tolles, selbstgekochtes Essen, zusammen mit einem Glas Rotwein. Ich wünsche mir, dass es mir jemand zubereitet, der daran auch wirklich Spaß hat und es nicht als reine Pflichterfüllung betrachtet. 
  2. Ein aushäusiges und romantisches Wochenende, nur mit meinem Mann. 
  3. Ich wäre gerne eine Mutter, die ein Recht darauf hat, nicht immer perfekt und gut gelaunt sein zu müssen, sondern der man auch mal schlechte Laune oder einen hysterischen Heulkrampf zugesteht. Außerdem möchte ich nicht schon im Oktober wissen müssen, was ich Weihnachten koche.
  4. Ich wünsche mir, dass meine Kinder den Fernseher ausmachen und sich die Zähne putzen, wenn ich sie darum bitte.
Vielen Dank,
Dein Frenzy-Girl

Samstag, 17. November 2012

Sternstunden

Auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt einigen Kollegen von der schreibenden Zunft eventuell mächtig auf die Füße trete oder irgendjemandes (kann man das so schreiben, stimmt das grammatikalisch?) persönlichen Geschmack beleidige, musste ich in der Vergangenheit leider immer wieder feststellen, dass die deutsche ELLE mit Abstand das spießigste und langweiligste Modemagazin ist, das das deutsche Verlagswesen aktuell auf dem Markt hat. Sogar die Brigitte ist irgendwie cooler und witziger. Aber als ich gestern beim Friseur war, gab es leider nichts anderes zu lesen. Und bevor ich die "GQ" lese und mir beim Betrachten der Fotos von den "schönsten Girls der Welt" Gedanken darüber mache, ob ich meinem Mann zu Weihnachten eher einen Maserati Quattroporte oder einen Granturismo oder doch gleich einen Privatjet schenke, entschied ich mich dann doch lieber für die Dezemberausgabe der ELLE, die nicht nur wertvolle Tipps auf Lager hatte, was ich am besten anziehe oder mitbringe zum Christkindlmarkt (Smartphone von Motorola), zum Adventstee (Nagellack Fallen Angel (?!?) von Estée Lauder) und natürlich zum Festessen (einen weißen Porzellanhirsch von Nymphenburg, Kostenpunkt ca. 1000 Euro). Diesmal gab es auch ein echtes Highlight, nämlich das Genuss-Horoskop in der Katerogie Lifestyle. Dort war wirklich Erhellendes über mein Sternzeichen (Krebs... welche Ironie des Schicksals) zu erfahren. Meine Wohlfühl-Top-Five in 2013 lesen sich wie folgt:
1. Frische Rosen (ab Juli 2013 wird sich der ein oder andere Verehrer finden). Das ist schön zu hören, allerdings würde ich an dieser Stelle gerne alle potentiellen Verehrer schon mal darauf hinweisen, dass ich mir leider wirklich nicht das geringste aus Rosen mache. 
2. Frische Bettwäsche (aha...), denn
3. liebt der Krebs seinen Schlaf über alles (Richtig!!! Volle Punktzahl!!!). Kein anderes Sternzeichen braucht ihn so (Jawohl! Endlich ist es erwiesen! Könnte jemand meine vierjährige Tochter davon in Kenntnis setzen?)
4. Hautkontakt (z.B. ayurvedische Massagen). Naja, ich weiß nicht so recht. Habe im vorletzten Skiurlaub schlechte Massageerfahrungen gemacht und bin seither traumatisiert.
5. "Nähren" bzw. Essen mit den Lieben. Na bitte, ich kann also gar nichts dafür, dass ich mich von Jeansgröße 28 strammen Schrittes der 30 nähere. Mein Sternzeichen ist schuld! Meine Eltern, die mich so gezeugt haben, dass ich am 30. Juni auf die Welt kam. Ich muss mich NÄHREN, das steht sogar in der Zeitung.
Da muss ich meine schlechte Meinung bezüglich der ELLE aber nochmal überdenken. Es wird dann nämlich auch noch richtig poetisch: Die Genussformel des Krebses lautet: Aber bitte mit Sahne - zu Süßem und Salzigem, zu Waffeln, in Panna Cotta oder auch in Hühnerfrikassee. Ein Krebs mag es, für sich und andere am Herd zu stehen. Wenn dann Jupiter ab Juni in Ihr Zeichen wandert, sind Sie wie ein sozialer Magnet: Freunde reißen sich um eine Einladung zum Essen. Ach, Jupiter, magst Du nicht schon früher in meinem Zeichen vorbeischauen? Bis Juni dauert es noch so lange und demnächst habe ich doch meine tolle, neue Küche. Außerdem wollte ich im Juni vielleicht endlich mal wieder in Urlaub fahren und bin dann gar nicht zuhause, wenn alle meine Freunde kommen. 
Ganz zum Schluss gibt es dann sogar noch einen astrologischen Kochbuch-Tipp: Alfredissimo Pasta" von Alfred Biolek. Das ist zwar schon vor über 10 Jahren erschienen, aber bei Amazon gibt es zum Glück noch ein Restexemplar, das ich mir selbstverständlich umgehend besorgen werde!

Chapeau, ELLE! Leider ist der/die Verfasser(in) des Artikels nicht namentlich erwähnt, sonst könnte ich mich an dieser Stelle einmal persönlich bedanken. Wenn das keine guten Aussichten für das Jahr 2013 sind, dann weiß ich es nicht.
Dazu passt auch die Tatsache, dass wir vorsichtig optimistisch sind, was Lenas Pilztherapie in den nächsten 12 Monaten betrifft. Die gestrige CT-Untersuchung hat ergeben, dass sich das Aspergillom weiter auf dem Rückmarsch befindet. Wenn alles gut geht, gehören Ende November die täglichen intravenösen Antimykotikagaben der Vergangenheit an und es wird eine rein orale Therapie geben. Endgültige Ergebnisse erhalten wir aber erst am 27.11. nach der monatlichen Tumorkonferenz. 
I will keep you posted!

Mittwoch, 7. November 2012

Man spricht deutsh

Ich bin so herrlich deutsch, dass es schon fast unnormal ist. Kaum hat sich ein wirklich monumentales Problem (5. Intensiv-Chemoblock) mehr oder weniger erledigt, ist bei mir der Blick freigelegt auf andere Dinge, über die ich mich gerne beklagen würde. Zum Beispiel auf die Frage, warum ich schon wieder eine Erkältung bekomme. Die letzte ist doch gerade erst zwei Wochen her. Was soll das? Und warum passt mir eigentlich keine einzige Hose mehr so richtig? Gerne würde ich mir vormachen, dass das am Yoga liegt, aber natürlich ist mir im Grunde klar, dass diese Rechnung nicht ganz aufgeht. Um 3 Kilo Muskelmasse zuzulegen, müsste ich ganz sicher häufiger als zweimal pro Woche meine Sonnengrüße machen, mal ganz abgesehen davon, dass ich auch nicht wirklich muskulös aussehe. Meine blöde Tanita Inner-Scan-Body-Composition-Monitor-Waage zeigt stoisch den Bodystatus "4" an, was übersetzt ungefähr soviel bedeutet wie: "Geh mal ins Fitness-Studio und bau ein paar Muckis auf, baby". Warum ich so eine Waage überhaupt gekauft habe? Keine Ahnung! Wahrscheinlich habe ich gehofft, sie würde mir nur nette Dinge sagen, weil sie nämlich ganz schön teuer war. So ein Ärger!
Lena kann über solche Probleme verständlicherweise nur milde lächeln und ich bemühe mich nach Leibeskräften, mein deutsches Jammer-Gen so weit wie möglich zu unterdrücken, aber manchmal setzt es sich halt durch. Dann möchte ich mich hinsetzten und alles einfach nur Scheiße finden. Den Verkehr, das Wetter, meinen Hintern, einfach alles. 
Denn so bizarr es auch klingen mag - nachdem das Schlimmste nun hoffentlich hinter uns liegt, eiere ich irgendwie total orientierungslos durch die Gegend und weiß überhaupt nicht mehr, was ich jetzt eigentlich so genau machen soll. Natürlich ist Lenas Therapie immer noch extrem zeitintensiv, aber sie lässt dennoch Raum für andere Dinge, die in den letzten Monaten ganz und gar unmöglich waren. Daran muss ich mich erstmal wieder gewöhnen. Und manches möchte ich auch gar nicht mehr zurückhaben, wie etwa diese völlig  idiotische Beschäftigung mit dem eigenen Äußeren. Aber es kommt zurück, ob ich will oder nicht. Plötzlich geht es nach all den Monaten nicht mehr ausschließlich um Leben oder Tod, was in allererster Linie natürlich ein absolut wünschenswerter Zustand ist. Aber das Ganze zwingt einen auch dazu, sich wieder mit sich selbst auseinanderzusetzen und vieles im Leben in Frage zu stellen, was vorher einfach nur eine lästige Begleiterscheinung war. Natürlich gibt es mittlerweile durchaus Dinge, die mich bei weitem nicht mehr so aus der Ruhe bringen wie vor Lenas Erkrankung. Andere dagegen machen mich auf eine Art und Weise agressiv, dass ich manchmal selbst erstaunt bin. Es sieht so aus, als müssten sowohl Lena als auch ich unsere Rollen im Leben teilweise neu definieren. Was mache ich jetzt als nächstes? Wie sehr braucht Lena mich in den nächsten Monaten? Wäre es nicht auch gut, mich zwischendurch mal zurückzuziehen und sie einfach machen zu lassen? Schaffe ich es, einen Alltag ohne Fieberthermometer und ständige Kontrollen in Bezug auf ihre aktuelle körperliche und seelische Verfassung zu bewältigen? Bekomme ich meine Angst in den Griff? Und wie fülle ich die Leere, die plötzlich ensteht, wenn ein so intensiver Lebensabschnitt auf eine gewisse Art und Weise zuende geht? Warum kann ich mich nicht einfach mal nur hinsetzen und das Gefühl genießen, dass zur Zeit alles irgendwie ganz okay ist? Weil ich als Deutsche einfach automatisch immer jammern muss? 
Bei so vielen Fragen erledigt sich allerdings zumindest ein Problem - nämlich, was ich mit meiner zusätzlichen Zeit anfangen soll. Die geht demnächst vermutlich bei der Suche nach Antworten drauf. Eine habe ich aber bereits definitiv gefunden. Mir ist bewußter denn je, wie wichtig mir meine Familie ist. Das hört sich vielleicht banal an, aber früher habe ich gerne mal einen Besuch im Restaurant einem Abend mit meinen Kids vorgezogen. Das ist heute anders herum. Natürlich freue ich mich auch jetzt auf Abende mit Freundinnen und darauf, mal wieder ohne schlechtes Gewissen auszugehen. Aber wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich immer Spaghetti Miraculi mit meinem Mann und meinen Kindern wählen. Und natürlich mit Malou!

Dienstag, 6. November 2012

Go Obama!

Bevor ich mich etwas detaillierter meinem heutigen Blogeintrag widme, möchte ich aus aktuellem Anlass gerne kurz eine Warnung aussprechen: 

Achtung! Die Beiträge in diesem Blog sowie auf meiner Facebook-Seite sind fast ausschließlich subjektiver Natur! Sie enstehen auf der Basis meiner eigenen Erfahrungen und vor dem Hintergrund meiner ganz persönlichen Lebenssituation und erheben an keiner Stelle den Anspruch auf die absolute oder eine sonstwie geartete Wahrheit! "Frenzy Girl" ist nicht die Tagesschau, sondern eher Desperate Housewives. Sollte ich also bisweilen Dinge von mir geben, die nicht immer political correct sind, bitte ich darum, mir dies nachzusehen bzw. die Möglichkeit einzukalkulieren, dass ich durch Lenas Krankheit nicht automatisch ein besserer Mensch geworden bin.

Nachdem dies gesagt ist, darf ich mich nun hoffentlich ganz ungeniert dahingehend äußern, dass ich zwar noch nicht genau weiß, wie ich die liebe lange Nacht lang wachbleiben soll, aber nervös mitfiebere bei den heutigen US-Präsidentschaftswahlen, die hoffentlich, bitte, auf jeden Fall der richtige Mann gewinnen möge! 


Ups, sorry, Obama, falsches Bild...

Ich habe zwar von der aktuellen politischen Lage in den USA nicht ganz soviel Ahnung wie von akuter myeloischer Leukämie, aber dennoch sagt mir mein subjektiver Verstand, dass Mitt Romney keine gute Lösung wäre. Hat der Mann überhaupt ein politisches Profil? Wenn ja, war ich wahrscheinlich gerade mal wieder im Krankenhaus, als er es für alle verständlich dargelegt hat, aber ich kann mir nicht helfen - I don't like that guy!!! Natürlich würde sich an meiner ganz persönlichen Lebenssituation vermutlich nicht das Geringste ändern, wenn Romney Präsident würde, aber ich wäre trotzdem zutiefst betrübt. So oder so wird es also eine spannende und emotionale Nacht werden.

Spannend und emotional waren auch die letzten Tage, in denen wir auf die endgültige Entscheidung des Krankenhauses gewartet haben, ob Lena nun wirklich der fünfte Chemo-Intensivblock (HAE-Block, siehe Blogeintrag Tag 200 vom 1.9.2012) erspart bleibt. Heute Nachmittag kam endlich die erlösende Nachricht - ihre zytogenetischen Befunde sind nochmals überprüft und verifiziert worden und aufgrund der Ergebnisse wird es keinen Intensivblock mehr geben!!! Ihr könnt Euch sicherlich vorstellen, wie glücklich wir darüber sind, wenngleich natürlich unterbewusst immer noch ein wenig Sorge wegen der eventuell erhöhten Gefahr eines Rezidivs mitschwingt. Aber in den letzten neun Monaten haben wir so oft erlebt, dass es gerade bei der Krebstherapie überhaupt keine Garantien gibt und daher lautet unser Motto nun: Mut zur Lücke!

Davon abgesehen hat heute wieder ein ambulanter Chemoblock begonnen, der aber zum Glück bei weitem nicht so agressiv ist wie das, was Lena in den letzten Monaten stationär verabreicht worden ist. Natürlich liegt weiterhin ein schwieriger Weg vor ihr und es wird zweifelsohne den ein oder anderen Rückschlag geben, aber insgesamt habe ich das Gefühl, dass das Schlimmste erst einmal hinter uns liegt. Anderer Meinung ist in dieser Hinsicht nur Leonard, dem ich heute Nachmittag eröffnet habe, dass die gesamte Familie nächste Woche zur Grippeimpfung muss. Dies ist eine Indikation des Robert-Koch-Instituts, über die man uns heute in der Klinik informiert hat. Demnach müssen in den nächsten fünf Jahren alle näheren Bezugspersonen von Lena und sie selbst auch geimpft werden, um sie keiner zusätzlichen Gefahr auszusetzen. (Achtung, liebe Impfgegner, hierbei handelt es sich wieder um eine subjektive Darstellung eines Sachverhalts, den ich weitgehend unreflektiert weitergebe und dem ich mich auch beugen werde...). Mein siebenjähriger Sohn hat allerdings schon angekündigt, sich dieser Maßnahme zu entziehen, da er Impfungen für überbewertet und überdies auch zu schmerzhaft hält. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Geschichte weiterentwickelt.

Damit komme ich zu meinem subjektiven Fernsehtipp für heute Abend: "Mord mit Aussicht" - eine der großartigsten Serien, die die ARD in den letzten Jahren aus der Taufe gehoben hat und die mittlerweile auch in Lenas Leben einen festen Platz einnimmt. Der Dienstagabend ist bei uns für Sophie Haas, Muschi und Bär (kein Witz! Kenner wissen, wovon ich spreche...) reserviert! 










Freitag, 2. November 2012

To blog or not to blog, Teil 2

Ob und was man in einem Blog schreibt und damit als persönliche Information praktisch der gesamten Welt zur Verfügung stellt, ist ohne Zweifel etwas, worüber sich trefflich streiten lässt. 
Anfang der Woche fragte mich eine Freundin, die ich lange Zeit nicht gesehen hatte, weshalb ich mich in dieser Art und Weise mitteilen würde und erzählte mir, dass mein Blog bei vielen Menschen in ihrer näheren Umgebung auf absolutes Unverständnis gestoßen sei. Das war ehrlich gesagt das erste Mal seit des "Frenzy Girl"-Launches, das mir eine solche Frage gestellt wurde, aber sie ist natürlich absolut berechtigt. Wenn man an die Öffentlichkeit geht, muss man mit Gegenwind und Kritik rechnen - das war auch schon in meiner Zeit beim Fernsehen so, wenngleich ich einräumen muss, dass ich keine Meisterin darin bin, kritische Anmerkungen nonchalant wegzustecken. Aber ich bin ja noch jung, das lerne ich vielleicht noch.... ;-)
Wie dem auch sei - Fragen sind dazu da, um beantwortet zu werden, also versuche ich es mal.
Ich habe mich aus unterschiedlichen Gründen dazu entschieden, meine unmittelbare, mittelbare und auch weiter entfernte Umgebung mithilfe eines öffentlichen Blogs auf dem Laufenden zu halten. 
Natürlich habe ich als allererstes mit Lena gesprochen, bevor ich "Frenzy Girl" aus der Taufe gehoben habe. Hätte sie etwas dagegen gehabt, so gäbe es diesen Blog heute gar nicht, zumindest nicht in dieser Form. Ich bin mir der Verantwortung, die ich gegenüber ihr und all den Informationen habe, die ich preisgebe, absolut bewusst. 
Blogs gibt es darüber hinaus wie Sand am Meer und dementsprechend sind Lena und ich im Verlauf ihrer Krankheit über das ein oder andere Exemplar gestolpert, das uns hilfreich und tröstlich erschien und uns geholfen hat, neuen Mut zu schöpfen. Warum also sollten wir nicht versuchen, etwas ähnliches zu erschaffen, selbst wenn es vielleicht nur extrem wenige Menschen gibt, denen unsere spezielle Geschichte bzw. der Umgang mit derselbigen an irgendeinem Punkt helfen kann, zum Beispiel dadurch, dass man, ohne sich zu kennen, das gleiche Schicksal teilt? Einen Menschen gibt es auf jeden Fall, für den das Schreiben des Blogs ungeheuer hilfeich ist - und dabei handelt es sich um meine Wenigkeit. Selbst ist die Frau, liebe Freunde! Schreiben ist Therapie, jedenfalls für mich.

Ich habe keine Ahnung, von wem diese Weisheit stammt, aber sie ist definitiv nicht von der Hand zu weisen. Natürlich ist das, was ich schreibe, nicht immer witzig oder humorvoll, aber ich bemühe mich, der allgegenwärtigen Bedrohung - wenn möglich - mit einem sarkastischen Lächeln im Gesicht zu begegnen bzw. auch teilweise noch so unangenehmen Situationen einen gewissen Witz abzutrotzen. Das macht vieles leichter.
Außerdem diszipliniert einen das Schreiben. Weil ich weiß, dass der Blog gelesen wird und für viele unserer Freunde die Hauptinformationsquelle bezüglich Lenas aktuellem Gesundheitszustand ist, bin ich quasi "gezwungen", mehr oder weniger regelmäßig etwas zu schreiben. Diejenigen, die mich wirklich gut kennen, wissen, dass es einer meiner größten Wünsche ist, irgendwann mal etwas "Richtiges" zu veröffentlichen bzw. das Schreiben zu meinem Hauptberuf zu machen. Aber zur Zeit habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung, womit ich etwa ein Buch füllen könnte, das mehr als 50 Menschen interessiert und das nicht á la Bettina Wulff zerrissen wird und als Ladenhüter in den Regalen verstaubt. Außerdem mangelt es mir an Durchhaltevermögen. Dementsprechend ist das Schreiben von "Frenzy Girl" eine schöne Fingerübung für mich, die mich daran erinnern soll, was ich mir für die Zukunft vorgenommen habe und die vielleicht irgendwann doch noch mal zu mehr führt.
Dafür nehme ich auch gerne den Nachteil in Kauf, dass ich meine eigene Meinungsfreiheit aus diplomatischen Gründen hin und wieder beschneiden muss. Wenn ich mich mal wirklich richtig auskotzen möchte, kann ich das immer noch bei meinen engsten Freundinnen tun oder eine Person, die ich aufgrund ihres Verhaltens einfach nur verabscheuenswürdig finde, bei Facebook blocken. Ist jüngst geschehen und war ungeheuer befreiend! Lenas Erkrankung hat mich dazu  ermutigt, öfters mal darüber nachzudenken, wer und was mir gut tut und was nicht.
In diesem Sinne...