Freitag, 22. Februar 2013

Sinnfragen

Es ist schön irgendwie blöd, dass man als Privatblogger nichts hat, was auch nur annähernd einem Redaktionsschluss gleichkäme. Ich gehöre definitiv zu den Menschen, die ohne Druck nicht wirklich gut arbeiten können. Die Redensart "Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen" ist für mich ein komplettes Fremdwort bzw. Neuland, das ich bislang nur selten betreten habe. Eigentlich wollte ich zum Beispiel letzte Woche Donnerstag auf jeden Fall etwas schreiben, denn schließlich war der 14. Februar 2012 der Tag von Lenas Diagnosestellung - und zum "Einjährigen" hätte ich ja durchaus ein paar Worte verlieren können. 
Aber dann erschoss Oscar Pistorius seine hübsche Freundin und ich war abgelenkt, was im Prinzip ja erstmal ganz gut ist. Denn mit seinen Gedanken ständig nur um die Erkrankung zu kreisen, ist auf Dauer auch nicht sehr erquicklich. Immerhin habe ich es zumindest geschafft, auf Facebook zu veröffentlichen, dass es Lena soweit gut geht und es zur Zeit weder große noch kleine Zipperlein gibt, die sie beeinträchtigen. Die Therapie verläuft ungewöhnlich komplikationslos und Lena geht seit mittlerweile drei Wochen regelmäßig in die Schule. Sie hat sogar schon die erste Klausur hinter sich und eine "2" mit nach Hause gebracht, was die Schlagzahl meines stolzen Mutterherzes angenehm erhöht hat. Das Leben verläuft nach unserem ja doch eher turbulenten Jahresauftakt nun in deutlich ruhigeren Bahnen, was sehr schön ist, woran ich mich aber auch erstmal wieder gewöhnen muss. Es ist ein wenig so, als hätte ich eine Art "Urmisstrauen" entwickelt, das dafür sorgt, dass ich hinter jeder Ecke eine Gefahr oder Falle lauern sehe. Irgendwie traue ich dem Braten nicht so recht, aber das ist vermutlich mehr als normal. 
Zum Glück lassen mich nach der großen Kraftanstrengung der letzten 12 Monate nun nach und nach mein Körper und Geist im Stich, so dass ich mich im Wesentlichen meinen eigenen Unzulänglichkeiten widmen kann und mein besorgtes Gluckendasein etwas ruhen lassen muss. Von Kopf bis Fuss zwickt und zwackt es mich - ich bin eine wahre Großbaustelle, weiß aber nicht so recht, wo ich anfangen soll. Was war zuerst da? Die Henne oder das Ei? Der völlig verkorkste Rücken oder die Magenprobleme? Die physischen oder die psychischen Probleme? Es gibt einiges, worum ich mich kümmern muss, aber irgendwie komme ich auch auf diesem Gebiet nicht so richtig in die Puschen. Und von der Yoga-Krähe (siehe Blogeintrag http://frenzy-girl.blogspot.de/2012/11/yo-yoga.html) bin ich weiter entfernt denn je...
Wenn ich mir so anschaue, mit welcher Regelmäßigkeit und mit welchem Fleiß andere Leute so bloggen, frage ich mich manchmal, wozu ich das hier eigentlich mache. Nachdem wir uns nun nicht mehr unmittelbar im Auge des Orkans befinden, gehen mir zwar nicht die Themen aus, aber sie verändern sich. Macht es Sinn, dass ich schreibe, welche Bücher ich gerade lese oder welchen Film ich gut fand? Ist es nicht eher peinlich, dass ich mich so exponiere? Interessiert das überhaupt irgendjemanden? Sicherlich muss ich nicht extra betonen, dass ich mich vor nichts mehr fürchte als einem möglichen Rückfall Lenas. Dass im Moment alles relativ ruhig ist, bedeutet aber gleichzeitig auch, dass ich zu diesem Thema nur wenig bis gar nichts sagen kann bzw. möchte. Dass ich Angst habe und es mir oft nicht gut geht, muss ich auch nicht wieder und wieder schreiben. Was also mache ich mit "Frenzy Girl"? Einen Schuh- und Handtaschenblog? Eine Psychocouch? Einen "Desperate Housewife"-Blog? Ich bin ehrlich gesagt etwas ratlos. Wer eine Idee hat, möge sie mir bitte mitteilen - ich bin für Vorschläge und Anregungen mehr als dankbar.

Donnerstag, 7. Februar 2013

HO(spital) HO(pping)

Soviel zum Thema "Dem Blog neues Leben einhauchen" (siehe Blogeintrag vom 4. Januar)...

Was Leukämie, Intensivchemotherapie und mittlerweile fast 12 Monate mehr oder weniger durchgängiger Aufenthalt in der Klinik, kombiniert mit ständigen Rückschlägen wie Lungenaspergillosen und Gürtelrose nicht geschafft haben, ist nun ein paar einsamen Umzugskartons, Leonards Windpocken und einer Klinikeinlieferung von Lenas Vater gelungen - nämlich, mich zum Schweigen zu bringen. 
Ein bisschen Schuld tragen übrigens auch Bettina Wulff und ihr unsägliches Buch, das ich während unseres letzten Krankenhausaufenthaltes Anfang Januar aus lauter Verzweiflung und dem Wunsch, mitreden zu können, tatsächlich gelesen habe. Soviel Schrott macht erstmal sprachlos, soviel steht fest, aber ich wäre ja nicht ich, wenn ich mich davon nicht relativ schnell wieder erholt hätte. 
Doch kaum hatte ich die Sprache wiedergefunden, präsentierte mir Leonard trotz einer 1a-Impfung beim Kinderarzt eine beeindruckende Ansammlung von Varizellen, im Volksmund auch Windpocken genannt - ein großer Spaß für die ganze Familie! Leider fanden Lenas Ärzte das Ganze nicht so lustig und ordneten eine sofortige räumliche Trennung aller Kinder an. Nichts leichter als das... Zum Glück haben wir ja noch unser altes Zuhause in Frankfurt. Und gegen zwei Umzüge in vier Wochen kann nun wirklich niemand etwas sagen. 
Nach anderthalb Wochen befanden sich Leos Windpocken glücklicherweise wieder auf dem Rückmarsch und auch sonst schien alles ruhig, weshalb Ralf und ich vergangenes Wochenende nach Berlin reisten, wo wir vier Tage lang Gastgeber auf einer Veranstaltung für etwa 180 Gäste waren. Eigentlich hätte uns das Beschäftigung genug sein können, aber da hatten wir die Rechnung leider ohne den (Katastrophen)Wirt gemacht. Unser Leichtsinn wurde prompt bestraft - und zwar in Form einer ernsthaften Erkrankung Philipps (Lenas Papa), der das Wochenende statt bei uns zunächst im Operationssaal des städtischen Klinikums Frankfurt-Höchst verbrachte und seitdem von dort einen imposanten Blick auf die Frankfurter Skyline genießt. Dementsprechend verbringen Lena und ich diese Woche mit einer neuen Trendsportart - dem Hospital-Hopping. Mittags in die Uniklinik zur Chemotherapie, danach ins Krankenhaus Höchst. Das einzig positive daran ist die Erkenntnis, dass das Essen dort auch nicht besser ist als bei uns auf der Station...
Was soll man also dazu sagen? Am besten gar nichts! Wäre unser Leben Gegenstand eines Drehbuches, wäre der verantwortliche Autor zweifelsohne längst wegen völliger Unglaubwürdigkeit gefeuert worden. Weniger ist bekanntlich mehr - warum hat sich das noch nicht bis in unsere Schicksalszentrale herumgesprochen? Man kann das Unglück viel besser genießen und auskosten, wenn es ein wenig für sich steht und nicht in so geballter Form daherkommt.
Zum Glück hat mir meine liebe Freundin Eva gestern eine Hamsa geschenkt, die zukünftig bitte alles Böse von uns fernhalten möge.


Aus diesem Grund habe ich auch beschlossen, endlich mal wieder etwas in verbaler Form von mir zu geben - zum einen als kleine Inhaltsangabe einer der Kurzgeschichten, die unser Leben schreibt, zum anderen als ganz klare Kampfansage an alle kleinen, mittleren und großen Katastrophen, die vielleicht schon wieder unterwegs nach Falkenstein sind. Ihr könnt umdrehen, Leute! Hier hängt jetzt die Hand Gottes und sorgt dafür, dass Ihr bei uns keinen Blumenpott mehr gewinnen könnt. Adios amigos, au revoir, adio per sempre! Ihr könnt uns mal!

In diesem Sinne - Kölle alaaf...